Einkommensteuerrichtlinien - Wartungserlass 2023
Ende März 2023 wurde der sehr umfangreiche EStR-Wartungserlass 2023 veröffentlicht. Neben der Berücksichtigung jüngster Gesetzesänderungen wie zum Investitionsfreibetrag, zum Öffi-Ticket oder zur Kryptobesteuerung liegt der Schwerpunkt des Wartungserlasses auf der Einarbeitung aktueller höchst-gerichtlicher Entscheidungen. Hier ein kurzer Überblick:
1.1 Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Übertragung von Gegenständen
Wird ein Gegenstand (insbesondere ein Grundstück) zu billig verkauft, so gilt für Vorgänge nach dem 15.11.2021 Folgendes:
a) Beträgt der Kaufpreis zumindest 75% des Verkehrswertes des übertragenen Gegenstandes, liegt ein entgeltlicher Vorgang vor (bei einem Grundstück fällt also ImmoESt an).
b) Liegt aber der Kaufpreis unter 75% und erfolgt der Verkauf unter nahen Angehörigen, ist grundsätzlich von einer Schenkung auszugehen (bei einem Grundstück fällt also keine Immo-ESt an).
Anders werden Übertragungen beurteilt, die bis zum 15.11.2021 stattgefunden haben. Für Altfälle än-dert sich nichts. Diese Übertragungen werden bereits dann als entgeltlich behandelt (bei einem Grund-stück fällt also ImmoESt an), wenn der Kaufpreis mehr als 50% des Verkehrswertes des übertragenen Gegenstandes beträgt (außer die Vertragsparteien haben sich bereits damals an das Finanzamt ge-wandt und die Unentgeltlichkeit des Vorgangs behauptet).
1.2 Versicherungsentschädigung für Betriebsgebäude
Erhält der Unternehmer eine Versicherungsentschädigung für die durch einen Schadensfall (zB Brand, Wasserschaden) eingetretene Entwertung des Betriebsgebäudes, kommt auf diese Versicherungsent-schädigung der ImmoESt-Steuersatz (von 30%) zur Anwendung.
1.3 Energiekostenzuschuss
Der Zuschuss gemäß Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz stellt eine Betriebseinnahme dar. Der Zuschuss ist bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern dem Jahr zuzuordnen, für das der Anspruch be-steht, sodass jedenfalls das Kalenderjahr 2022 betroffen ist. Bei der Gewinnermittlung durch Bilanzie-rung darf die bilanzielle Erfassung erst erfolgen, wenn spätestens zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung eine konkrete, vorbehaltslose Förderzusage vorliegt.
1.4 Österreichische Sozialversicherung für ausländische Gewinne
Hat ein österreichischer Unternehmer auch einen Betrieb im EU-Ausland und entfallen österreichische Sozialversicherungsbeiträge (zur Sozialversicherung der Selbständigen) auch auf diese ausländischen Betriebsstättengewinne, so sind diese Pflichtbeiträge vorrangig vom im Ausland zu besteuernden Ge-winn abzuziehen. Können aber die Pflichtbeiträge im EU-Ausland (insbesondere wenn dort nur be-schränkte Steuerpflicht besteht) steuerlich nicht berücksichtigt werden, so können diese uneinge-schränkt in Österreich vom Einkommen abgezogen werden.
1.5 Kleinunternehmerpauschalierung
Die einkommensteuerliche Kleinunternehmerpauschalierung können Steuerpflichtige vornehmen, für die grundsätzlich auch die umsatzsteuerlich Kleinunternehmerbefreiung (= Netto-Jahresumsätze nicht höher als € 35.000) anwendbar ist. Ab dem Jahr 2023 ist diese KU-Pauschalierung auch anwendbar, wenn die Grenze von € 35.000 um bis zu € 5.000 pro Jahr überschritten wird. Es wird klargestellt, dass auch der € 5.000-Betrag ein Nettobetrag ist. Somit können Steuerpflichtige bis zu einem Nettoumsatz von € 40.000 die KU-Pauschalierung in Anspruch nehmen. Auf die in der Umsatzsteuer geltende 15%-Toleranzregelung hat die einkommensteuerliche Erhöhung keinen Einfluss.
1.6 Drohverlustrückstellung
Wenn der bilanzierende Unternehmer als Mieter eine Sache anmietet, kann der Mietvertrag nur dann zu einer Drohverlustrückstellung führen, wenn die Mietsache im Betrieb nicht mehr verwendet werden kann, also weder vom Unternehmen selbst genutzt noch untervermietet werden kann. Diesfalls ist für die Ver-pflichtung zur Zahlung des Mietzinses eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Ge-schäften zu bilden.
1.7 Pauschalrückstellungen
Für sonstige Verbindlichkeiten (zB aus Gewährleistungen) können Rückstellungen auch pauschal gebil-det werden. Das Gebot zur Abzinsung von Rückstellungen (mit 3,5%) gilt auch für solche Pauschal-rückstellungen, ausgenommen die Rückstellung wird typischerweise für kurzläufige Verpflichtungen gebildet. Für die Abzinsung einer Pauschalrückstellung ist eine durchschnittliche Laufzeit der zugrunde liegenden Einzelverpflichtungen maßgeblich.
1.8 Degressive AfA
Bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG darf die degressive AfA (von bis zu 30%) für Wirtschaftsgüter, die ab dem 1. Jänner 2023 angeschafft oder hergestellt worden sind, nur mehr dann geltend gemacht werden, wenn diese Abschreibung auch in der UGB-Bilanz vorgenommen worden ist.
1.9 Begünstigung bei Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (Beteiligung an KG oder OG)
Eine steuerlich begünstigte Betriebsveräußerung liegt auch dann vor, wenn der Mitunternehmer (zB Kommanditist) nicht seine gesamte Beteiligung (Kommanditanteil) veräußert, sondern nur einen Teil davon. Auch wenn der Mitunternehmer die in seinem Sonderbetriebsvermögen befindlichen Gegenstän-de nicht mitveräußert, also das Sonderbetriebsvermögen zurückbehält, liegt steuerlich eine Betriebs-veräußerung vor.
Für eine Betriebsveräußerung (Veräußerung eines Mitunternehmeranteils) steht der einkommensteuerli-che Hälftesteuersatz zu, wenn der Verkäufer das 60. Lebensjahr vollendet hat und mit der Betriebs-veräußerung seine Erwerbstätigkeit einstellt. Aus einer Entscheidung des VwGH vom 26.1.2023 ergibt sich allerdings die Einschränkung, dass bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils der Hälfte-steuersatz nur gewährt werden kann, wenn der Mitunternehmer seinen gesamten Mitunternehmeranteil verkauft. Die Einkommensteuerrichtlinien ordnen an, dass diese Einschränkung erst für Veräußerungen ab 1. Juli 2023 gelten soll.
Hinweis: für davor getätigte Veräußerungen steht der Hälftesteuersatz also auch zu, wenn der Mitunter-nehmer bloß eine Quote seiner Beteiligung verkauft.
1.10 Einkünftezurechnung von Dividenden aus nicht börsennotierten Anteilen
Die Zurechnung erfolgt an denjenigen, der zum Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses wirtschaft-licher Eigentümer des Gesellschaftsanteils ist. Wird der Gesellschaftsanteil nach dem Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gewinnverteilung, aber vor dem Ausschüttungstag veräußert, tritt der Veräußerer lediglich eine vermögensrechtliche Forderung auf Dividendenausschüttung an den Erwerber ab. Das führt beim Veräußerer zum Zufluss der Gewinnanteile.
1.11 Progressionsvorbehalt
Ab dem Jahr 2023 kommt der Progressionsvorbehalt auch bei Personen zur Anwendung, deren Ansäs-sigkeit (Mittelpunkt der Lebensinteressen) in einem anderen Staat liegt, die aber auch in Österreich einen Wohnsitz haben und somit unbeschränkt steuerpflichtig in Österreich sind. Bei solchen Personen kommt es ausnahmsweise dann nicht zu einem Progressionsvorbehalt, wenn aufgrund der Zweitwohn-sitzverordnung die in Österreich gelegene Wohnung nicht zur unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich führt.
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